Trauma - eine Annäherung

Was ist ein Trauma? In Fachliteratur gibt es unzählige Definitionen. Für mich ist ein Trauma eine seelische Wunde, die oft nicht (mehr) bemerkt wird und im Verborgenen, bis ins Heute unser Selbst beschädigt. Immer wieder bemerke ich in meinem Praxisalltag und in Ausbildungsgruppen, dass ganz frühe Verletzungen unser Sein, unser Verhalten erheblich prägen.

 

Verlust der Subjekthaftigkeit

Durch diese Beschädigung oder gar Zerstörung des Selbst geht uns mehr und mehr unsere Subjekthaftigkeit verloren, wir werden zu funktionieren Objekten.

Traumatisiert sind wir nicht mehr wirklich gut in unserem Körper zu Hause, funktionieren eher, als das wir lebendig in der Welt sind. Wir wollen die Verletzung in uns nicht wahrnehmen, Gefühle, vor allem die unangenehmen, können wir nur schwer (aus-) halten.

Wir sind hochempfindlich gegenüber allem was von außen kommt. Wir sind, wenn auch oftmals nicht bewusst, immer auf der Hut, kämpfen oder ziehen uns mehr und mehr zurück. Innerlich können wir uns nur schwer regulieren, weshalb wir sehr oft nervlich übererregt, angespannt oder völlig erschöpft sind.

 

Situation - Körper - Selbst

Die uns traumatisierende Situation steckt irgendwie noch im Körper und unser Körper, zumindest ein Teil davon, noch in dieser Situation - als ob die Zeit angehalten wurde und die Welt im Außen an uns, an unserem Selbst vorbeirauscht.

Der Körper, die Situation und das Selbst gehören zusammen und der Körper spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle, auch oder vor allem nach frühen Traumatisierungen.

Vielleicht ist Dein Körper nicht wirklich zu einem Freund für Dich geworden, vielleicht ist die Beziehung zu ihm unangenehm oder lästig. Vielleicht haderst Du sehr mit Deinem Körper oder nimmst in nicht oder nur als Objekt wahr - bewohnst ihn jedoch nicht wirklich.

 

Nach und nach, ganz in Deinem eigenen Tempo, soll Dir Dein Körper wieder eine Heimat werden. Du sollst Dich nach und nach mit und in ihm lebendig und wohlfühlen. Er soll Dir, was Deine Bedürfnisse und Grenzen anbelangt, zu einem hilfreichen vertrauten Freund und Ratgeber werden.

 

Überblick

Auf den folgenden Seiten werde ich vor allem Schock- und Entwicklungstrauma erörtern. Im Diskurs bezüglich Traumata trifft man auch auf:

  • Bindungstrauma
  • Beziehungstrauma
  • Symbiosetrauma
  • pränatales Trauma
  • trangenerationales Trauma

 

Ausblick und Ziel unserer Reise

Da ich in meiner Praxis deutlich mehr praktische Erfahrung mit Menschen, mit dem, was ich Entwicklungstrauma nenne habe, und dies nach meiner Ansicht, trotz schon fast epidemisch anmutenden Häufigkeit, viel zu wenig bekannt ist, liegt das Hauptaugenmerk auch bei meiner Darstellungen hier vor allem bei dieser Art von Trauma. 

 

In meiner Praxis spielen diese Begrifflichkeiten keine große Rolle. Mein Ziel ist es, vor allem Dir hilfreich zu sein, an Deiner Seite zu sein, damit Du, mit dem was da ist an seelischer Verletztheit, für Dich stimmig umgehst. Nach und nach wird sich Dein Körper wieder besser regulieren lassen, Du wirst authentischer und lebendiger.

 

 

Im Blog werde ich mich immer wieder psychoedukativ und auch zu allerlei angrenzende Themen: zu Gesellschaftskritischem, hin und wieder auch erläuternd zu nahen Phänomenen und eigenen Erfahrungen äußern.

 

Das Wort "Trauma" wird häufig fälschlich verwendet, nämlich statt für die "Wunde", zur Benennung eines Ereignisses.

Prof. Dr. Günter H. Seidler